in Münchens Alter Pinakothek
Nicht zu nah rangehen! Dem Rat der Dienstaufsicht im Saal XIII der Alten Pinakothek folgte eine ältere Dame nur unwillig. Sie wagte sich so nah an das Bild heran, dass Alarm ausgelöst wurde. Verständnis für die Unachtsamkeit der Dame brachte ein junger Besucher auf, der auch das Gemälde „Madonna im Blumenkranz“ aus nächster Nähe sehen wollte. Beiden ging es wohl weniger um Maria mit dem Jesuskind als um das üppig Blühende um beide Figuren herum, dazu das darauf Kriechende, Flatternde, Brummende: Käfer, Schmetterlinge, Libellen, Heuschrecken und Fliegen.
Die Dame und der junge Mann hatten vermutlich von der Sonderausstellung gehört oder gelesen, die einem einzigen Kunstwerk gewidmet ist. Es ist deshalb so besonders, weil es von zwei niederländischen Alten Meistern stammt: von Peter Paul Rubens (1577 – 1640) und seinem Freund Jan Brueghel dem Älteren (1568 – 1625). Nacheinander bearbeiteten beide – eine kunsthistorische Seltenheit – eine fast quadratische Eichenholztafel. Das war um 1616 / 1618.
In meisterlicher Arbeitsteilung ging jeder für sich ans Werk. Heute ist, aufgrund des Einsatzes eines Infrarot-Reflektogrammes, so gut wie klar, dass es Rubens war, der die endgültige Komposition des Bildes bestimmte. Erfinderisch nutzte er den Raum, um elf muntere Putten unterzubringen. Brueghel d. Ä., auch „Blumen-Brueghel“ genannt, sorgte für die heute allseits bestaunte einheitliche Gestaltung. Die Kunsthistoriker sprechen von Teamarbeit in Vollendung. Sie fanden, dass es sich bei der „Madonna im Blumenkranz“ um ein frühes Beispiel einer Künstler-Kooperation ersten Ranges handelt. Zu sehen bis 12. Januar.
Text und Foto: Hans Gärtner






