Parkour nimmt in Bayern weiter Fahrt auf

Bayerischer Turnverband e.V. : Parkour ist längst nicht mehr nur eine „Untergrund-Sportart“. Diese Bewegungsform ist für die sportmotorische und auch kognitive Entwicklung so wertvoll, dass sie schneller als jede andere Trendsportart den Weg in den Schulunterricht gefunden hat. Parkour hat durch das Kennenlernen des eigenen Körpers einen positiven Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung der Sportler. Jugendliche, die sich aktiv mit Parkour auseinandersetzen ernähren sich gesünder, treiben regelmäßig Sport, verletzen sich seltener im Sport und Alltag und lernen respektvollen Umgang mit ihrem Körper, den Mitmenschen und ihrer Umgebung.

All diese positiven Aspekte sind jedoch nicht immer gegeben. Grund ist mitunter der Informationsüberfluss durch das Internet. Insbesondere private Videos aus Videoportalen wie Youtube sind nicht nur der Grund der schnellen Verbreitung des Sports, sondern für viele Anfänger und Fortgeschrittene auch die einzige Quelle für Wissen rund um Parkour.

Es fehlen Strukturen in der Szene, kompetente Anlaufstellen und ein einheitlicher, gut ausgearbeiteter Wissenspool rund um Parkour. Insbesondere bei Technik und Methodik gehen die Meinungen stark auseinander. Um Parkour authentisch und nachhaltig vermitteln zu können ist es zwingend erforderlich, Parkour aktiv zu trainieren und eine professionelle Ausbildung zu absolvieren. Die Pilotausbildung zur DOSB Lizenz „Trainer C Breitensport Parkour“ wurde im letzten Jahr im RTB bzw. WTB durchgeführt. Der Bayerische Turnverband greift das Konzept nun auf und wird die Ausbildung gemeinsam mit dem erfahrenen Team von Parkour.org auch in Bayern starten.

Weitere Information unter www.btv-turnen.de/parkour

Im Interview

Tobias Seifinger (Projektleiter Parkour im Bayerischen Turnverband)
Max Rieder (Mitgründer von Parkour.Org)

Toby Seifinger: Lieber Max, wir haben uns ja bei einem Lehrgang, den ich bei Euch im Januar in Regensburg absolviert habe, kennengelernt und konnte mich von Eurer professionellen Arbeitsweise überzeugen. Es freut mich sehr, dass wir jetzt mit Euch gemeinsam die neue Ausbildung zum „Trainer C Breitensport Parkour“ starten können. Wie lange gibt es denn Eure Organisation schon?

Max Rieder: Lieber Toby, auch uns freut es, dass wir für den BTV die neue Ausbildung zum “Trainer C Breitensport Parkour” begleiten und umsetzen dürfen. Parkour.org wurde 2015 als Communityprojekt ins Leben gerufen, um die lokale Szene zu vernetzen und Wissensaustausch zu fördern. Die Aufgaben und Herausforderungen wurden immer komplexer und anspruchsvoller. Um das Projekt erfolgreich weiterzuentwickeln haben wir uns professionelle Strukturen aufgebaut und mit weiteren Organisationen zusammengeschlossen. 

TS: Wann habt Ihr damit begonnen, Trainer für die Sportart Parkour auszubilden?

MR: Die ersten Konzepte und Pilotausbildungen haben wir bereits 2011 entwickelt und durchgeführt. Seit diesem Zeitpunkt haben wir die Trainerausbildung kontinuierlich mit den Erfahrungen der eigenen Parkourpraxis und sportwissenschaftlichen Erkenntnissen weiterentwickelt. Unser Ziel war und ist es bis heute, eine authentische und nachhaltige Trainerausbildung zu bieten, die sowohl den Interessen der Parkour-Sportler als auch einem “szenefremden” Sportlehrer gerecht werden.

TS: Was fasziniert Dich persönlich am meisten an dieser Sportart?

MR: Mich beeindruckt immer wieder aufs Neue wie unglaublich vielseitig Parkour ist. Aus meiner Sicht gibt es kaum eine andere Sportart, die sowohl körperlich als auch mental in so komplexer Weise fordert und fördert. Hinzu kommt die uneingeschränkte Möglichkeit, sich individuell im eigenen Tempo weiterentwickeln zu können und das ganz ohne Konkurrenz- oder Leistungsdruck. Das Entdecken der eigenen Möglichkeiten und des eigenen Potentials ohne Wettkampf, ist für mich einer der nachhaltigsten Lernerfahrungen. Nicht nur die aktive Bewegung, sondern auch die Philosophie hinter der Bewegungskunst macht Parkour so besonders. Dazu kommt eine unglaublich respektvolle und offene Parkour-Community, die sich zu einer internationalen „Familie“ entwickelt hat.

TS: Was erwartet Du Dir von der neuen Trainerlizenz und der Zusammenarbeit mit dem BTV?

MR: Ich erwarte mir von der neuen Trainerlizenz und der Zusammenarbeit mit dem BTV, dass Parkour auch im Breitensport authentisch und nachhaltig vermittelt wird, damit ein ganzheitliches Verständnis für die Bewegungskunst in den Sport- und Turnvereinen herrscht. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, möchten wir mit der neuen Trainerlizenz unser Wissen weitergeben und die Teilnehmer bestmöglich auf Ihrem Weg als Parkourtrainer vorbereiten.

TS: Max, zum Abschluss: Was würdest Du den Vereinen empfehlen, wenn Sie Parkour bei sich in das Sportangebot mit aufnehmen wollen?

MR:  Es ist eine Herausforderung, eine so freie “Sportart” nachhaltig in bestehende Vereinsstrukturen zu integrieren. Damit eine authentische Entwicklung der Bewegungskunst innerhalb der Vereinsarbeit gewährleistet werden kann, sollten aus meiner Sicht die Vereine auch intensiv mit bestehenden Parkourorganisationen und Traceuren zusammenarbeiten. Mein Tipp: Nehmt mit dem Bayerischen Turnverband Kontakt auf und erkundigt euch parallel nach lokalen/regionalen Parkourgruppen. Parkour.org hilft gerne bei der Suche nach Ansprechpartnern

 

Fotos: Parkour.org

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